Unser Zukunftsbild Erneuerbare Energien

Unser gesamtes Bankgeschäft beruht auf sozialen und ökologischen Kriterien, die unser Investitions-, Anlage- und Finanzierungsgeschäft prägen. Für unsere Firmenkund*innen gelten unsere Ausschluss- und Positivkriterien.

Für unsere sechs Branchen haben wir jeweils ein Zukunftsbild entwickelt. In diesen formulieren wir unseren gesellschaftlichen Gestaltungsanspruch. Jedes Zukunftsbild wird durch Kernmerkmale - Qualitäten - beschrieben. Diese Kernmerkmale sind mit Wirkindikatoren unterlegt, damit sie messbar sind.

Das Zukunftsbild für die Branche Erneuerbare Energien lautet:

Seit 1987 finanziert die GLS Bank Erneuerbare Energien. Wärme- und Stromversorgung sind ein menschliches Grundbedürfnis. Unser Kernanliegen ist es, einen solidarischen und auf dieses Grundbedürfnis ausgerichteten Markt zu gestalten. Um Energiesysteme neu zu denken, brauchen wir nicht nur einen Ausbau der Erneuerbaren Energien. Wir brauchen nachhaltige Qualitäten eines partizipativen Wirtschaftsmodells und innovative Technologien. Wir wollen den Energiemarkt solidarisch, partizipativ, dezentral gestalten. Wir wollen den schnellstmöglichen Ausstieg aus Kohle und Atomkraft*. Für all das brauchen wir Mitstreiter*innen.

*Der Ausstieg aus Atomkraft ist in Deutschland seit Anfang 2023 abgeschlossen.

Hintergründe zur Branche

Herausforderungen und Schwerpunkte 2023

Nach einem Jahrzehnt des Stillstands kommt Bewegung in den Ausbau Erneuerbarer Energien. Die Zubauziele für Photovoltaik wurden im Jahr 2023 übererfüllt. Auch die Planungs- und Genehmigungsverfahren für Windenergie nehmen Fahrt auf. 2023 wurde erstmals mehr als die Hälfte des Stroms in Deutschland aus erneuerbaren Quellen gewonnen. [1]

Globale Abhängigkeiten und damit verbundene Energiepreisschwankungen zeigen, dass die Energiewende nicht nur eine klimatische Notwendigkeit ist. Weite Teile aus Wirtschaft und Zivilgesellschaft fordern die schnellere Dekarbonisierung des Energiesektors.

Dabei wollen zahlreiche Bürger*innen aktiv zur Energiewende beitragen. Vielerorts gründen sich neue Initiativen. Gleichermaßen erhalten bestehende Bürgerenergiegenossenschaften starken Zulauf.

Ein ähnliches Bild zeichnet sich bei den Balkonsolarkraftwerken ab. Zuvor kaum bekannt, tauchen sie im Stadtbild immer häufiger auf.

Parallel dazu stellen große Energiekonzerne schrittweise ihre Geschäftsmodelle um und kooperieren mit bürgernahen Energieprojekten. Eine Neugestaltung des Energiesektors hin zu einem dezentralen, bürgernahen Ökosystem ist an einigen Orten bereits Realität.

Gleichzeitig besteht Widerstand insbesondere gegen neue Windparks und Stromtrassen. Bürgerinitativen warnen vor negativen Auswirkungen auf Umwelt und Landschaftsbild. Solaranlagen brauchen viel Fläche. Windräder sind aufgrund ihrer Höhe weithin sichtbar. Wind- und Solarkraft verändern die (Kultur-)Landschaft tiefgreifend.

Die Herausforderung besteht darin, die grundsätzliche Unterstützung für die Energiewende auch bei den konkreten Projekten vor Ort zu gewinnen. Dafür müssen Kulturverständnis, Umweltschutz, Naturschutz und der Ausbau erneuerbarer Energien in Einklang gebracht werden. So kann eine Annäherung an die Bürger*innen erreicht werden. Es bedarf einer intensiven Vermittlungsarbeit und der Schaffung von Akzeptanz, beispielsweise durch die Beteiligung betroffener Menschen und Kommunen an den generierten Profiten.

Wir verstehen eine bürgernahe und dezentrale Energiewende als Chance, das Soziale zu stärken. Sie schafft ein positives Bild der Zukunft insbesondere in den Regionen, die durch den Kohleausstieg einen Kulturwandel erfahren werden. Durch eine integrative und partizipative Herangehensweise kann der Wandel gelingen.

Im Jahr 2023 gab es drei Schwerpunkte: Die optimale Flächennutzung für Photovoltaik, die Schaffung lokaler Energiespeichersysteme sowie klimafreundliche Schaltanlagen.

Finanzielle Branchenkennzahlen 2023

⦁    In 2023 wurden in der Branche Erneuerbare Energien neue Kredite in Höhe von 429,3 Mio. EUR vergeben.
⦁    Das Neukreditvolumen der Branche Energien ist im Vergleich zum Vorjahr um 15,3 Prozent gesunken.
⦁    Die Branche Energien macht einen Anteil von 37 Prozent am gesamten Neukreditvolumen im Jahr 2023 aus.

Christian Marcks, Branchenkoordinator Erneuerbare Energien
Christian Marcks, Branchenkoordinator Erneuerbare Energien

Interview mit Christian Marcks

Ergebnisse der Wirkungstransparenz

Seit dem 1. Januar 2020 ist die Wirkungstransparenz im Kreditbereich der GLS Bank fest verankert. Zugeschnitten auf das jeweilige Geschäftsmodell und die Branche, erfassen unsere Berater*innen aus den Kompetenzcentern gemeinsam mit den Firmenkund*innen die entsprechenden Wirkungsdaten zu relevanten Finanzierungen. Dabei beruhen einige Wirkungs-Datenpunkte auf Schätzungen bzw. auf der Einschätzung der Firmenkundenberater*innen.

Im Jahr 2023 konnten wir für branchenübergreifend 71,6 Prozent der relevanten Neufinanzierungen eine Wirkdaten-Erhebung durchführen. Die Auswertung auf dieser Seite basiert auf den Daten zur Branche Erneuerbare Energien.

 

100 Prozent Erneuerbare Energien

Der Energiesektor ist ein zentraler Treiber des Klimawandels. Wir möchten dazu beitragen, dass der Energiebedarf zu 100 Prozent über Erneuerbare Energien abgedeckt werden kann. Durch den Ausbau werden die Gesamtemissionen deutlich gesenkt. Damit können noch schlimmere Auswirkungen des Klimawandels abgewendet werden. Mit Finanzierungen in der Branche Erneuerbare Energien haben wir 2023 unseren Beitrag zu einer fossil- und atomfreien Welt geliefert.

Wir haben 2023 Photovoltaik- und Windenergie-Projekte finanziert, welche prognostiziert rund 470.000 MWh Strom pro Jahr erzeugen werden.

Dadurch werden jährlich 312.489 Tonnen CO2e im Vergleich zu konventionellen Energieträgern weniger emittiert. Dies entspricht dem durchschnittlichen CO2-Ausstoß von 29.761 Bundesbürger*innen. So viele Menschen wohnen in der Stadt Landsberg am Lech.

Wir haben 2023 Photovoltaik-Projekte finanziert, bei denen eine Nennleistung von ca. 188 MWp installiert wurde. Das entspricht 1,3 Prozent der neu hinzugewonnenen Nennleistung für Solar in Deutschland im Jahr 2023. Bei Windenergie-Anlagen, die wir finanziert haben, wurden ca. 131 MW an Nennleistung installiert. Das entspricht 4,5 Prozent der hinzugewonnenen Nennleistung durch Wind an Land in Deutschland 2023. Aufgrund der zunehmenden Projektgrößen arbeiten wir im Bereich Windenergie immer öfter mit anderen Kreditinstituten zusammen - die Nennleistung wurde also nicht ausschließlich durch die GLS Bank finanziert. Nimmt man Solar & Windenergie zusammen, entspricht die von uns finanzierte Nennleistung 1,9 Prozent der neu hinzugewonnenen Nennleistung. [2]

Die Energiewende kann nur erfolgreich sein, wenn alle Flächen optimal genutzt werden. Da gerade Photovoltaik einen großen Flächenbedarf hat, bevorzugen wir die Installation auf bereits versiegelten Flächen wie Dächern, Fassaden, Parkplätzen oder Konversionsflächen. Zudem haben wir einen Kriterienkatalog für Photovoltaik auf landwirtschaftlichen Flächen ausgearbeitet und bringen Agri-Photovoltaik voran. Mehr dazu im Abschnitt zur Qualität „Innovation & Effizienz“.

12 Prozent der Projekte in der Branche Erneuerbare Energien haben in insgesamt 31 Windenergieanlagen investiert. Diese machen wiederum einen Anteil von 59 Prozent an der jährlich prognostizierten Stromproduktion aus.
Ganz anders ist das Größenverhältnis bei Photovoltaik. Obwohl über 85 Prozent der Projekte in Photovoltaik investiert haben, entspricht der Anteil an der jährlich prognostizierten Stromproduktion nur 41 Prozent.

Wir wollen die komplette Energieversorgung aus regenerativen Quellen leisten. Dieses Ziel ist nicht nur notwendig, um noch schlimmere Auswirkungen des Klimawandels abzuwenden, sondern auch nachweislich umsetzbar.
⦁    Kontinuierlicher Ausbau des Anteils der Erneuerbaren Energien in der Strom- und Wärmerzeugung.
⦁    Eine 100-prozentige Versorgung aus Erneuerbaren Energien ist umsetzbar und zukunftsfähig.

Anteil der jährlich prognostizierten Stromproduktion von 2023 finanzierten Photovoltaik- und Windenergie-Projekten

Die GLS Bank beteiligt sich an der Energiewende in Deutschland. 56 Prozent der Strommenge stammten 2023 aus regenerativen Quellen. Von unserem Ziel von 100 Prozent ist das jedoch noch weit entfernt. Schließlich nahm der Ausbau der Erneuerbaren gerade einmal um 6,7 Prozent zu. Auch wenn der Atomausstieg in Deutschland seit Frühjahr 2023 erfolgt ist, werden weiterhin Kohle und Gas verstromt. Zudem hat der Import von Strom zugenommen. [3]

Es braucht ein ganzheitliches Umdenken, um gänzlich weg von fossiler Energie zu kommen. Das werden wir als GLS Bank allein nicht umsetzen können. Aber wir können zeigen, wie es geht. Und zwar gemeinsam mit den Bürger*innen.

Wenn Sie eine Photovoltaikanlage installieren oder eine Wärmepumpe einbauen wollen, empfehlen wir Ihnen unseren Solarrechner. Klicken Sie sich durch unsere digitale Energieberatung und erhalten Sie Ihr individuelles Solar- und Wärmepumpenkonzept. Mit dem integrierten Förderradar bleibt keine Fördermöglichkeit mehr unentdeckt. Auf Basis Ihrer Postleitzahl informieren wir Sie zu verfügbaren Förderungen sowie der Förderhöhe in Ihrer Region.

 

[2] Bundesnetzagentur (05.01.2024): Zubau Erneuerbarer Energien 2023. Online verfügbar unter www.bundesnetzagentur.de/SharedDocs/Pressemitteilungen/DE/2024/20240105_EEGZubau.html.
[3] Statistisches Bundesamt (07.03.2024): Pressemitteilung Nr. 087. Online verfügbar unter www.destatis.de/DE/Presse/Pressemitteilungen/2024/03/PD24_087_43312.html.

Akteursvielfalt

In den vergangenen Jahren haben wir Daten zu Beteiligungs- und Stimmrechtsanteilen von natürlichen Personen inkl. lokalen Bürger*innen, kleinen und mittelständischen Unternehmen sowie institutionellen Großanlegern erfasst.

Der Prozess war aufwendig und leider wenig zielführend. Unser Gestaltungsspielraum ist begrenzt. Im Jahr 2023 lag der Beteiligungsanteil von lokalen Bürger*innen pro finanziertem Projekt bei durchschnittlich 7,1 Prozent.
Grundsätzlich zeigt sich auch im Erneuerbare-Energien-Markt, dass die stark ungleiche Verteilung von Geld in unserer Gesellschaft eine partizipative Wirtschaftsweise verhindert. Da wir dem im Kreditgeschäft selbst aber wenig entgegenwirken können, werden wir unsere Aufmerksamkeit zukünftig auf Bürgernähe legen.

Wir wollen einer oligopolistischen Marktstruktur in der Energieerzeugung und -verteilung entgegenwirken, indem wir unterschiedliche Akteure und insbesondere auch einzelne Bürger*innen dazu befähigen, an der Energiewende teilzuhaben.
⦁    Aktive Beteiligung von multiplen Akteuren an der Kapitalstruktur von Erneuerbare-Energie-Anlagen sowie eine gesonderte Berücksichtigung von privaten und kommunalen Anspruchsgruppen

Das Bild zeigt einen Mann vor einer Halle mit einer Aufdach-PV-Anlage.

Ein weiteres Thema, auf das wir kaum Einfluss haben, was wir aber mit Sorge betrachten, ist die Oligopolisierung auf der Herstellerseite. Dabei deckten 2023 allein drei Photovoltaik-Modulhersteller 50 Prozent der finanzierten Projekte ab. Insgesamt wurde 80 Prozent der installierten Nennleistung von nur sechs Herstellern abgedeckt. Bis auf Canadian Solar (6 Prozent) gehören diese Hersteller alle zu 100 Prozent chinesischen Unternehmen. Der größte deutsche Modulhersteller kommt dagegen nur auf einen Anteil von 2,5 Prozent der installierten Nennleistung.

Während die niedrigen Modulpreise chinesischer Hersteller kurzfristig die Rahmenbedingungen für einen raschen Photovoltaik-Zubau verbessern, gefährdet die Dominanz langfristig das wirtschaftliche Überleben europäischer Modulhersteller und schränkt somit die Akteursvielfalt auf dem Markt weiter ein. Abgesehen von einer Abhängigkeit von China, ist dieser Trend vor allem in Bezug auf Transparenz sowie menschenrechtlichen und ökologischen Standards in der Lieferkette bedenklich.

Weder wir als Bank noch unsere Kund*innen haben hier wirklich viel Gestaltungsspielraum, da es kaum noch europäische Hersteller gibt und dementsprechend die Verfügbarkeit gering ist.

Bürgernähe

Bürgernähe stärkt die Akzeptanz und sorgt dafür, dass Projekte schneller umgesetzt werden können. Eine starke Bürgerenergie zahlt unmittelbar auf das Ziel 100 Prozent Erneuerbare Energien ein.

Die Vorteile einer bürgernahen Energiewende sind vielfältig. Für die 2023 finanzierten Photovoltaik- und Windenergie-Projekte gilt folgendes: Stets profitiert die Standortgemeinde von mindestens 90 Prozent der Gewerbesteuereinnahmen. Bei 5 Prozent der Projekte lag der Anteil sogar bei 100 Prozent, da der Geschäftssitz zur Standortkommune verlegt wurde bzw. schon dort war. Bei fast jedem fünften Projekt für Erneuerbare Energien weist der Betreiber eine regionale Verankerung auf.

Im Bereich der Windenergie wird zudem in 11 von 14 Projekten eine Beteiligung nach §6 EEG gezahlt. Die entsprechenden Projekte umfassen 27 von 31 (87 Prozent) finanzierten Windrädern. Dabei erhalten die Standortkommunen 0,2 Cent je erzeugter Kilowattstunde Strom. So erwirtschaftet jedes Windrad, bei dem die Beteiligung nach §6 EEG gewählt wurde, jährlich durchschnittlich 18.925 Euro für die jeweilige Kommune. In der Summe über eine halbe Million Euro jedes Jahr. Allein durch die Zahlung der 0,2 Cent je kWh.

Weil der Energiebedarf als solcher ein menschliches Bedürfnis darstellt, sollten alle Bürger*innen an der Ausgestaltung des Energiemarkts beteiligt sein. Nur unter partizipativer, demokratischer und monetärer Einbindung der Bürger*innen vor Ort kann die Energiewende als gemeinschaftliches Projekt gelingen und regionale Wertschöpfung begünstigen.
⦁    Aktive Beteiligung von Bürger*innen in der Entscheidungsfindung, Planung, Umsetzung und dem Betrieb von Erneuerbare-Energien-Anlagen.
⦁    Optionen zur finanziellen Beteiligung von Bürger*innen und Kommunen.
⦁    Demokratische Verwaltungsstrukturen nach dem Prinzip „ein Mitglied eine Stimme“

 

Der Windpark Schleiden in der Nordeifel beweist, dass eine zukunftsfähige Energieversorgung möglich ist.

Vorstand der GLS Beteiligungs AG Dr. Jakob Müller erläutert: "Der GLS Windpark Schleiden zeigt anschaulich die Entwicklung der Energiewende: Stand in der Anfangsphase die Frage nach der technischen Machbarkeit im Raum, so ist heute klar, dass es nicht nur technisch geht, sondern sich auch wirtschaftlich lohnt."
Bürger der Region sind am Windpark beteiligt. Allein 2022 produzierten die Anlagen rund 95 Millionen Kilowattstunden grünen Strom. Damit lassen sich jährlich 28.000 Drei-Personen Haushalte versorgen. Das Besondere in Schleiden: Bürgerinnen und Bürger der Region sind von Anfang an im Rahmen einer Bürgerbeteiligung Gesellschafter des Windparks geworden.

2023 hat auch NRW-Wirtschaftsministerin Mona Neubaur dieses Pionierprojekt der GLS Bank Gruppe besucht. Der Windpark ist Bestandteil von Neubaurs Reise auf dem Weg zu mehr Erneuerbaren.

Weitere Vorteile für die Bürger*innen umfassen beispielsweise vergünstigten Anwohnerstrom; ein finanzielles Beteiligungsangebot in Form von Nachrangdarlehen oder gar 50 Prozent der Projektrechte für eine Grundstückseigentümer GbR.

Solche Maßnahmen zur finanziellen Begünstigung der Kommune, vor allem aber der Dialog vor Ort, tragen dazu bei, dass unsere Kundenbetreuer*innen bei 91 Prozent der Erneuerbare-Energien-Projekte die Akzeptanz vor Ort als „gut“ oder „hervorragend“ einschätzen.

Einschätzung der Kundenbetreuer*innen zur Akzeptanz des 2023 finanzierten Erneuerbare-Energien-Projekts vor Ort

Beim Thema Bürgernähe darf ein Blick auf die Beteiligung der Bürger*innen an Eigenmitteln und den Stimmrechtsanteilen nicht fehlen. Bei 10 Prozent der Projekte fand eine Beteiligung an den Eigenmitteln statt. Bei 5,2 Prozent der Projekte sind Bürger*innen zu 100 Prozent beteiligt und halten 100 Prozent der Stimmrechte.

Wir wünschen uns eine Stärkung der Rahmenbedingungen durch den Gesetzgeber für mehr Bürgernähe. Hervorzuheben ist dabei das Land Niedersachsen. Mit 0,1 Cent pro Kilowattstunde müssen Anlieger von Windparks wirtschaftlich beteiligt werden. Dabei hat der Betreiber verschiedene Möglichkeiten. Neben abgesenkten Strompreisen oder Direktzahlungen sind insbesondere Bürgerenergiegenossenschaften, Anteilsscheine, Sparbriefe und Crowdfunding zu nennen.

Dennoch: Die Rahmenbedingungen für Bürgerenergie sind in Deutschland nicht ideal. Unser vorrangiges Ziel muss der Ausbau der Erneuerbaren Energien auf 100 Prozent sein. Nur so gelingt es uns die Treibhausgasemissionen im Energiesektor drastisch zu reduzieren und die Ziele des Pariser Klimaabkommens einzuhalten. Bürgerenergie kann bei der Dekarbonisierung eine bedeutende Rolle spielen und sollte vom Staat stärker unterstützt werden.

 

Dezentralität

Mit Blick auf die räumliche Verteilung der Erzeugung zeichnet sich folgendes Bild: Im Bereich Photovoltaik haben wir 2023 in 11 von 16 Bundländern Anlagen finanziert. Schwerpunktmäßig fand der Zubau in Süd- und Ostdeutschland statt (über 80 Prozent der installierten Nennleistung). Windenergie-Projekte wurden hingegen in nur 6 der 16 Bundesländern finanziert, wobei eine Finanzierung in Berlin, Bremen oder Hamburg auch eher außergewöhnlich wäre. Den größten Anteil hat Nordrhein-Westfalen mit 40 Prozent der installierten Nennleistung. In Ostdeutschland wurde hingegen kein Windenergie-Projekt finanziert.

Die Konzentration der Windenergie-Projekte auf wenige Bundesländer spiegelt die bislang schwierigen Rahmenbedingungen in zahlreichen Bundeländern wider. Durch das WindBG hat der Bund verpflichtende Vorgaben zur Ausweisung von Flächen zur Erzeugung von Windenergie gemacht. Wir beobachten hierdurch bereits positive Entwicklungen in einigen Bundesländern. Beispielsweise hat Bayern die sogenannte 10 H Regelung gelockert. Wir erhoffen uns somit künftig eine stärkere räumliche Dezentralisierung.

 

Die Energieerzeugung durch schwerfällige Großkraftwerke und zentralisierte, starre Strukturen ist nicht mehr zeitgemäß. Deshalb finanzieren wir eine dezentrale und kleinteiligere Energiewirtschaft, in der Strom dort erzeugt wird, wo er gebraucht wird und finanzielle Gewinne dort bleiben, wo sie entstehen.
⦁    Errichtung und Betrieb von Anlagen regenerativer Energien unter Einbindung kleinerer Akteur*innen und Investor*innen zur Stärkung kommunaler Wertschöpfung und verbrauchernaher Strom- und Wärmeerzeugung.
⦁    Elemente der Flexibilisierung und Speicherinfrastruktur.
⦁    Verwendung zentraler und dezentraler Stromvermarktungsansätze.

Vier Kühe stehen auf der Weide vor Windrädern.

Doch wie wird der erzeugte Strom aus 2023 finanzierten Photovoltaik- und Windenergie-Projekten verbraucht bzw. vermarktet?

Insbesondere Modelle der lokalen/regionalen Direktvermarktung oder Eigennutzung bzw. Mieterstrom stellen eine Alternative zum sogenannten Martkprämienmodell dar.

8 Prozent der 2023 finanzierten Projekte nutzen die lokale/regionale Direktvermarktung und 12 Prozent die Eigennutzung. Wurde ein solches Modell gewählt, sind die Anteile jeweils sogar recht hoch.

Insbesondere größere Projekte setzen jedoch nahezu ausschließlich auf das Marktprämienmodell. Deshalb werden über 97 Prozent des erzeugten Stroms aus 2023 finanzierten Projekten über jenes Marktprämienmodell vermarktet.

Auch wenn in absoluten Zahlen der Anteil an lokaler/regionaler Direktvermarktung (0,6 Prozent) sowie Eigenversorgung und Mieterstrom (0,8 Prozent) sehr gering ist, stimmt es uns positiv, dass im Schnitt jedes zehnte 2023 finanzierte Photovoltaik- und Windenergie-Projekt dezentrale Stromvermarktungsansätze bereits nutzt.

Abschließend können wir festhalten, dass – genau wie bei Bürgerenergie – grundsätzlich ein Interesse am Ausbau dezentraler Energie-Projekte und Stromvermarktungsansätze besteht. Wenn die Energie dort erzeugt wird, wo sie auch verbraucht wird, kann das die Kosten für das Stromnetz senken. Zeitgleich würde das Stromnetz durch eine gute Verteilung der Anlagen profitieren, da das Wetter und damit die Bedingungen für die Stromerzeugung lokal variieren.

Mit dem WindBG und Solarpaket 1 (Anfang 2024) hat die Bundesregierung erste wichtige Maßnahmen umgesetzt. Um das Ziel von 100 Prozent Erneuerbare Energien dezentral und mit Bürgerbeteiligung umzusetzen, braucht es jedoch noch mehr Gestaltungswillen durch die Politik.

Innovation & Effizienz

Da gerade Photovoltaik einen großen Flächenbedarf hat, bevorzugen wir die Installation auf bereits versiegelten Flächen wie Dächern, Fassaden, Parkplätzen oder Konversionsflächen. Zudem haben wir einen Kriterienkatalog für Photovoltaik auf landwirtschaftlichen Flächen ausgearbeitet und bringen Agri-Photovoltaik voran.

So wurden 85 Prozent der 2023 finanzierten Photovoltaik-Projekte auf Dächern installiert. Diese Projekte machen zwar nur 22 Prozent der installierten Nennleistung durch Photovoltaik aus – dies zeigt aber, wie sehr wir unsere Mission ernst nehmen, Flächen effektiv zu nutzen.

Andererseits wurden 48 Prozent der Nennleistung durch Photovoltaik auf landwirtschaftlicher Freifläche installiert. Dies entspricht wiederum nur 5 Prozent der Projekte.

Wir möchten durch eine aktive Finanzierung von Innovation die Energiewende voranbringen. Deshalb wollen wir u.a. lokale Speichersysteme und neue Formen der Sektorenkopplung fördern sowie durch Effizienz die benötigte Flächenversiegelung für Erneuerbare Energien maximal reduzieren.
⦁    Leistungsoptimierung von Produktionseinheiten.
⦁    Entwicklung von innovativen Lösungen im Bereich Netzsteuerung und Speichertechnologie.
⦁    Verbraucherbildung zu Energienutzung.
⦁    Unter Berücksichtigung ökologischer Belastungsgrenzen.

Anteil 2023 finanzierte Photovoltaik-Projekte nach Installationsart der PV-Module

Doch wie ist die Installation von Photovoltaik auf landwirtschaftlicher Freifläche mit optimaler Flächennutzung vereinbar?

Wird ursprünglich konventionell landwirtschaftlich genutzte Fläche in einen Solarpark umgewandelt, können mit entsprechender Pflege neue Lebensräume entstehen. [4] Vor allem mittelgroße Solarparks können somit in stark landwirtschaftlich geprägten Gegenden einen neuen Rückzugsort für Wildtiere und Pflanzen darstellen. Die GLS Bank hat sich dazu entschieden, Photovoltaikanlagen auf landwirtschaftlichen Flächen unter gewissen Bedingungen zu finanzieren. Der eigens hierfür entwickelte Kriterienkatalog bezieht unter anderem Aspekte der Flächenkonkurrenz, ökologisches Aufwertungspotenzial der Fläche und Bürgerbeteiligung mit ein.

Zudem sehen wir ein großes Potenzial in Agri-Photovoltaik. Hier werden spezielle Module auf landwirtschaftlich genutzter Fläche installiert. Dadurch, dass die Module in einer gewissen Höhe angebracht sind und nicht die gesamte Fläche bedecken, können weiterhin Pflanzen wachsen. Einige Pflanzen profitieren sogar von den Modulen als Schattenspender. So können weitere Flächen für die Energiewende gewonnen werden, ohne in Flächenkonkurrenz zur landwirtschaftlichen Nutzfläche zu stehen. 2023 wurden bereits zwei Prozent der installierten Nennleistung durch Agri-Photovoltaik realisiert.

Neben der Energieerzeugung finanzieren wir lokale Energie-Speichersysteme. In unserer täglichen Arbeit verfolgen wir zwei Ziele: Kapazitäten ausbauen und Kompetenz aufbauen. Mit einer zugewonnenen Nennleistung von 15,9 MWh können rechnerisch 66.110 1-Personenhaushalte eine Stunde lang mit Strom versorgt werden. [5]

Noch sind Speichersysteme nicht in solchen Größenordnungen realisierbar, dass sie sogenannte Dunkelflauten überbrücken könnten. Aktuell dienen sie daher eher zur Erzeugungsverschiebung und Flexibilisierung für unsere Kund*innen. Damit soll die Vermarktung (Minderung von Preisvolatilitäten) verbessert werden. Langfristig werden Lösungen benötigt, damit ohne fossile Energieträger zu jeder Tageszeit und bei jedem Wetter ausreichend Energie bereitgestellt werden kann.

Nennleistung (kWp) der 2023 finanzierten Photovoltaik-Projekte nach Installationsart der PV-Module

Klimafreundliche Schaltanlagen

Für Schaltanlagen wird mehrheitlich auf Gas (GIS) und Luft (AIS) zur Isolation zurückgegriffen.

Bei den gasisolierten Schaltanlagen wird vor allem auf Schwefelhexafluorid (SF6) gesetzt. Jedoch wird derzeit von vielen Parteien nach Alternativen zu SF6 gesucht, weil dieses Gas extrem klimaschädlich ist. So verursacht 1 kg SF6 23.500 CO2e. Klar ist auch: Jede noch so gut gepflegte Schaltanlage setzt geringe Mengen an SF6 frei. Auch die Produktion und Entsorgung sind kritisch. SF6 gehört zu den fluorierten Gasen (F-Gase), welche oftmals klimaschädlich sind.

2023 wollten wir herausfinden, wie oft F-Gase und Alternativen bei den Schaltanlagen zum Einsatz kommen, die im Zusammenhang mit Erneuerbare Energien-Projekten stehen und ggf. Aufklärungsgespräche mit den Kund*innen führen.

Weiterhin schwierig erweist sich der Verzicht auch klimaschädliche F-Gase bei Schaltanlagen. Bei nur einer einzigen Schaltanlage, die im Zusammenhang mit einer GLS Finanzierung im Jahr 2023 installiert wurde, kommt kein klimaschädliches F-Gas zum Einsatz. Dabei mangelt es aber nicht an Interesse zu Alternativen bei unseren Kund*innen. Das Problem ist vielmehr, dass es kaum Schaltanlagen auf dem Markt gibt, die ohne F-Gas auskommen. Die wenigen Angebote, die vorhanden sind, sind aktuell wesentlich teurer und obendrein kaum lieferbar.

[4] Fraunhofer ISE, Aktuelle Fakten zur Photovoltaik in Deutschland, 2022
[5] Destatis (2023): Stromverbrauch der privaten Haushalte nach Haushaltsgrößenklassen. Online verfügbar unter www.destatis.de/DE/Themen/Gesellschaft-Umwelt/Umwelt/UGR/private-haushalte/Tabellen/stromverbrauch-haushalte.html

Abschluss & Ausblick

2023 haben wir Photovoltaik- und Windenergie-Projekte finanziert, welche prognostiziert rund 470.000 MWh pro Jahr an Strom erzeugen werden. 2024 werden wir unsere Investitionen in eine fossilfreie Zukunft fortsetzen. Dies ist notwendig, um die globalen Emissionen zu senken und das Pariser Klimaabkommen einzuhalten. Wir sind noch lange nicht am Ziel. Der Gesamtanteil erneuerbarer Energien lag in Deutschland bei 22,0 Prozent. [6] Unser Ziel‚ 100 Prozent Erneuerbare Energien‘ liegt in weiter Ferne.

Gleichzeitig verlieren wir trotz des Zeitdrucks soziale Aspekte der Energiewende nicht aus dem Blick. Ökologie und Soziales denken wir stets zusammen. Es braucht einen Dreiklang aus Tempo erhöhen, Menschen an den Projekten beteiligen und Umwelteingriffe minimieren.

Sorge bereitet uns das Wahljahr 2024. Mit der Europawahl und drei Landtagswahlen werden die Weichen für die Umweltpolitik der nächsten Jahre gesetzt. Mit der EU-Wahl haben politische Lager die Mehrheit, die die Energiewende ausbremsen wollen.

Gleichzeitig gibt es Grund zu Hoffnung. Der European Green Deal und nationale Reformen werden im besten Fall in den kommenden Jahren ihre volle Wirkung entfalten. Zahlreiche Projekte befinden sich in der Planung und werden zeitnah umgesetzt.

Mut macht uns die Zivilgesellschafft, die demokratiefeindlichen und Klimawandel-leugnenden Kräften nicht klein beigibt, sondern sich stark für ein solidarisches Miteinander macht.

Wir sind entschlossen, unserer Verantwortung als führende nachhaltige Bank gerecht zu werden. Wir sind überzeugt, dass wir durch unser politisches, betriebliches, wirtschaftliches und soziales Engagement einen bedeutenden Beitrag zur nachhaltigen Entwicklung leisten werden.

[6] Umweltbundesamt (2024): Erneuerbare Energien in Zahlen. Online verfügbar unter www.umweltbundesamt.de/themen/klima-energie/erneuerbare-energien/erneuerbare-energien-in-zahlen.