Eine Person erntet Zwiebeln.

Biosphäre

In diesem Kapitel beschreiben wir, wie wir auf die Biosphäre wirken.

Viel Spaß beim Lesen!

Einleitung

Die Biosphäre bezeichnet die Gesamtheit aller mit Lebewesen besiedelten Schichten unserer Erde. Damit umfasst sie alle Lebensräume von Menschen, Tieren und Pflanzen bis hin zu kleinsten Mikroorganismen. Eine intakte Biosphäre führt zu überlebenswichtigen Prozessen: Luft und Wasser werden gereinigt, Krankheitserreger bekämpft, Pflanzen und Tiere vermehren sich. Menschliche Eingriffe durch beispielsweise Entwaldung bedrohen die Intaktheit der Biosphäre.

Biodiversität – die biologische Vielfalt der Arten, der Gene und der Lebensräume – ist sowohl ein wichtiger Indikator für eine intakte Natur als auch die Grundvoraussetzung für die Funktion von Ökosystemen. Je höher die Vielfalt des Lebens, desto lebendiger und resilienter die Natur. Jede Lebensform – vom Mikroorganismus über Insekten, Pilze und Pflanzen bis hin zu den Säugetieren – erfüllt ihre Aufgabe im komplexen Zusammenspiel der Natur. Ist die Biodiversität geschwächt, drohen nicht nur einmalige Lebensräume wie das Amazonasgebiet oder Korallenriffe zu kollabieren. Auch die überlebensnotwendige Aufzucht von Pflanzen und anderen Lebensformen für die Ernährung, die Reinigung von Luft, Wasser und Böden, die Sauerstoffproduktion und Schutz von z.B. Küsten sind gefährdet. Das menschliche Leben ist hochgradig abhängig von der Biodiversität. Irreparable Schäden bedrohen das Fundament an Arten, Genen und Lebensräumen, sowie den menschlichen Fortbestand auf dem Planeten Erde. Der Weltbiodiversitätsrat hat die fünf wichtigsten direkten Treiber für Biodiversitätsverlust identifiziert: Land-/Meeresnutzung durch den Menschen, direkte Ausbeutung natürlicher Ressourcen, Klimawandel, Verschmutzung & invasive gebietsfremde Arten. Um diesen entgegenzuwirken, müssen wir als Menschen unsere gesamte Art des Wirtschaftens überdenken. 

Eine intakte Biosphäre schützt vor invasiven Arten wie z.B. Krankheitserregern. In natürlichen Lebensräumen mit einer hohen Artenvielfalt breiten sich Krankheitserreger nur langsam unter den Wirten aus und benötigen somit mehr Zeit für genetische Anpassungen. Intensive Landwirtschaft, Massentierhaltung, Entwaldung und die Ausbreitung menschlicher Siedlungen schränken die natürlichen Lebensräume zunehmend ein. Ergo verbreiten sich Krankheitserreger unter den verbleibenden Arten umso intensiver. Schnell drohen sie komplette Ernten oder Viehbestände zu zerstören. Außerdem können bestimmte Krankheitserreger aufgrund der widrigen hygienischen Umstände und der unnatürlichen Nähe schnell auf den Menschen überspringen. Die Gesamtheit dieser Faktoren begünstigt den Übertrag von tierischen Krankheitserregern auf den Menschen und damit zukünftige Pandemien. Auch andere invasive Arten profitieren von eingeschränkten Lebensräumen mit einer geringen Biodiversität.

Eine intakte und diverse Biosphäre ist produktiv: Bäume wachsen, Pflanzen tragen Früchte, Pilze sprießen aus dem Waldboden und Tiere vermehren sich. Damit ist eine gesunde Biosphäre auch eine Grundlage für eine hohe wirtschaftliche Produktivität und ermöglicht es uns Menschen erst, unsere Grundbedürfnisse zu befriedigen. Es ist fatal, dass selbst diese wirtschaftliche Sichtweise auf die Natur kein Umdenken einleitet und kurzfristiges Denken weiterhin zur Ausbeutung von Ressourcen führt.

Im Folgenden fokussieren wir uns auf die Biodiversität als Grundvoraussetzung der Funktionen der Biosphäre. Der dramatisch voranschreitende Verlust an Biodiversität ist eine der bedrohlichsten Krisen der heutigen Zeit und bedarf daher besonderer Aufmerksamkeit.

 

Die Biodiversität ist in Gefahr: Etwa eine Million Arten sind laut dem globalen Biodiversitätsrat bereits in den nächsten Jahrzehnten vom Aussterben bedroht und fast die Hälfte der natürlichen Lebensräume ist bereits gestört. Wissenschaftler*innen verweisen mit großer Vehemenz darauf, dass kein Spielraum (Budget) für eine weitere Schädigung von Biodiversität und Ökosystemen vorhanden ist. So setzt sich das Kunming-Montreal Übereinkommen zur biologischen Vielfalt das Ziel, den Verlust bis 2030 auf Netto-Null zu reduzieren. Klar ist: Es muss sofort gehandelt werden und dabei alle Interessensgruppen mit einbezogen werden. Da jegliche wirtschaftliche Aktivität zum Nachteil der Natur stattfindet, müssen auch Anstrengungen zur Wiederherstellung von Ökosystemen unternommen werden. 

Wir setzen uns ab 2024 das Ziel, eine Analyse der Biodiversitätswirkung unseres Kerngeschäftes bzgl. des Ziels eines Netto-Null Biodiversitätsverlustes durchzuführen.

Unser Anspruch ist, dieses Budget bestmöglich zu schonen. In vielen Fällen schaffen wir dies bereits, sehen uns aber trotzdem in einigen Situationen mit Herausforderungen und Zielkonflikten konfrontiert diesem Anspruch gerecht zu werden. Daher berichten wir auch transparent darüber, wo wir noch besser werden können.

 

Im Schatten der Klimadebatte nimmt das Thema „Biodiversität“ zunehmend Fahrt auf. Zurecht. Doch was ist damit gemeint? Zunächst einmal bedeutet „Biodiversität“ nichts anderes als „biologische Vielfalt“ oder die „Vielfalt des Lebens“. Meist ist damit explizit die biologische Vielfalt von Genen, Arten und Ökosystemen gemeint. Wenn man sich tiefer in das Thema einliest, fällt schnell auf, dass Biodiversität oft im Zusammenhang mit Ökosystemen, Ökosystemfunktionen und Ökosystemleistungen genannt wird. Das klingt kompliziert? Ja, das ist es auch! Im Sinne der vereinfachten Lesbarkeit haben wir uns daher dazu entschieden, den Begriff Biodiversität synonym für die biologische Vielfalt, die beeinflussenden Faktoren und damit die Grundlage für die Funktion von Ökosystemen zu verwenden. 

Jegliche wirtschaftliche Aktivität hat negative Auswirkungen auf die Natur. In seinem Drang, die Natur nutzbar zu machen, stört bzw. zerstört der Mensch die natürlichen Ökosysteme. Wenn wir im Folgenden von destabilisierenden Einflüssen sprechen, beschreiben wir, durch welche Faktoren die Aktivitäten wesentliche negative Auswirkungen auf die Natur haben. Als stabilisierend bewerten wir solche Maßnahmen, die die negativen Auswirkungen wirtschaftlicher Aktivitäten verringern.

Ein Beispiel aus der Landwirtschaft: Ein ursprüngliches Feuchtgebiet wird entwässert und für die konventionelle Landwirtschaft umgenutzt. Damit einher geht der lokale Verlust von Biodiversität sowie degradierte Böden, damit erhöhte CO2-Emissionen und ein gestörter Wasserkreislauf. All das sind destabilisierende Einflüsse. Nun entscheidet sich ein*e Landwirt*in, die zuvor konventionell bewirtschaftete Fläche zukünftig biodynamisch zu pflegen. Noch immer ist die Fläche damit wirtschaftlich genutzt, hat also nach wie vor negative Auswirkungen. Allerdings reduziert sich der lokale Verlust von Biodiversität, die Bodenqualität nimmt zu, es wird weniger Lachgas emittiert und obendrein weniger Grundwasser entnommen. Außerdem werden keine chemisch-synthetischen Düngemittel und Pestizide mehr eingesetzt. Diese Maßnahme bewerten wir somit als stabilisierend, weil sie zu der Vision zum Leben im Einklang mit der Natur beiträgt.

 

Wie wir stabilisierend auf die Biosphäre wirken

Biodiversität im Bankbetrieb

Durch unsere tägliche Bankarbeit haben wir keine starken Auswirkungen auf die Biodiversität: Unsere Arbeitsstätten befinden sich ausschließlich in städtischen Ballungsgebieten, sodass für unsere Büroräume keine freien Flächen versiegelt oder Lebensräume zerstört werden mussten. Unser Verwaltungsgebäude in Bochum haben wir 2005 als Altbestand gekauft und unter Berücksichtigung hoher ökologischer Standards aufwändig saniert. Ein geteerter Parkplatz im Innenhof mit einer Größe von über 400 m² wurde entfernt. Die Fläche haben wir stattdessen entsiegelt und eine Gartenanlage mit Rasen und Teichanlage geschaffen.

Die Standorte der GLS Bank befinden sich nicht in Schutzgebieten oder Gebieten mit hohem Biodiversitätswert.
Um die Auswirkungen der Gemeinschaftsverpflegung unserer Mitarbeitenden auf die Umwelt möglichst gering zu halten, verzichten wir seit jeher auf Fleisch aus konventioneller, industrieller Produktion und verwenden ausschließlich biologische und vorwiegend regionale und saisonale Lebensmittel.

Gleichzeitig achten wir auch auf die kleinen Dinge: Wir verwenden feste Seife, wassersparende Sanitäreinrichtungen und achten bei der Büroausstattung auf Nachhaltigkeitszertifikate.

Der größte Hebel einer Bank liegt aber nicht im Bankbetrieb selbst, sondern darin welche Unternehmen wir finanzieren.

Die GLS Bank wählt alle Lieferanten auch unter ökologischen Aspekten aus. Wir beschränken uns auf nationale (und in Einzelfällen auf europäische) Zulieferer und Auftragnehmer unter Beachtung der hohen nationalen bzw. europäischen ökologischen Anforderungen. In der Regel ist uns dies aber noch nicht genug und wir erwarten von unseren Lieferanten sowie von den über diese bezogenen Waren und Dienstleistungen ein besonders hohes Maß an ökologischer Qualität und Verantwortung. Dazu orientieren wir uns an anerkannten Umweltlabels, sowohl für die Lieferanten als auch für deren Waren.

Klimaschutz ist Artenschutz

Wer die Pariser Klimaziele ernst nimmt, trägt auch zum Schutz der von der Klimakrise gefährdeten Tiere und Pflanzen bei, die zurzeit unter den Folgen der Dürren, Hochwasser und der Hitzebelastung leiden und in rapidem Tempo aussterben. Alle unsere Maßnahmen, um die Klimakrise zu bekämpfen, tragen also in der Folge auch zum Schutz und Erhalt der Biodiversität bei.

Wie unsere Anlage- und Finanzierungsgrundsätze auf die Biodiversität wirken

Die Biodiversität begreifen wir als wesentlichen Parameter unseres sozial-ökologischen Ansatzes. Bei der Kreditvergabe, den Eigenanlagen und im Wertpapiergeschäft berücksichtigen wir unterschiedliche Aspekte zur Biodiversität in Form von Positiv- wie auch Ausschlusskriterien.

Dabei ist uns bewusst, dass wirtschaftliche Aktivitäten in den meisten Fällen mit einem Verlust dieser Vielfalt einhergehen.

Wir finanzieren in der Branche Ernährung ausschließlich ökologische Landwirtschaftsbetriebe, welche keine chemisch-synthetischen Pestizide oder künstlichen Düngemittel einsetzen. Zudem schließen wir generell Finanzierungen der Massentierhaltung aus. Darüber hinaus existiert eine Vielzahl von Projekten, die das Ziel verfolgen, Lebensräume zu schützen oder wiederherzustellen.

Um die Auswirkungen unseres Kerngeschäfts, also der Kreditvergabe, besser verstehen zu können, haben wir unser Kreditportfolio qualitativ auf destabilisierende (schwächende) und stabilisierende (stärkende) Einflüsse hin untersucht. Bisher sind wir noch nicht dazu im Stande, eine quantitative Aussage zu unserer Wirkung auf die Biodiversität zu treffen. Es gibt jedoch spannende Ansätze mit denen wir uns näher beschäftigen. Die Analyse hat unter anderem ergeben, dass unsere Anlage- und Finanzierungsgrundsätze bereits ein wirkungsvolles Werkzeug sind, um stabilisierend auf Biodiversität und Ökosysteme zu wirken.

Der Weltbiodiversitätsrat hat fünf direkte Haupttreiber für den Verlust der biologischen Vielfalt identifiziert [1]. Diese sind in abnehmender Relevanz:

  1. Die Land-, Meeres- und Süßwasserökosystemnutzung durch den Menschen, insbesondere Veränderungen in der Nutzung durch z.B. Neuerschließung von Gebieten durch Entwaldung. Von Menschen genutzte Gebiete stehen dem natürlichen Ökosystem nicht mehr bzw. nur noch eingeschränkt zur Verfügung und wirken sich u.a. auf die Lebensräume, Fortpflanzung und Migrationsbewegung von Arten aus.
  2. Die direkte Ausbeutung natürlicher Ressourcen durch z.B. Jagd, Fischerei, Sammeln von Wildkräutern, Wasserverbrauch, Sandabbau usw.
  3. Der Klimawandel ist dafür verantwortlich, dass sich lang etablierte Ökosysteme mit ihren Arten nicht den neuen Gegebenheiten (z.B. Trockenheit, Temperaturen, Überschwemmungen, Waldbrände) anpassen können.
  4. Verschmutzung von Luft, Boden und Wasser durch Emissionen und Abfälle. Vor allem neuartige Substanzen aus der chemisch-technischen Industrie haben massive Auswirkungen auf Arten. So können z.B. giftige Farbstoffe aus der Textilfärbung die Wasserqualität nachhaltig schädigen und die Gesundheit und Fortpflanzungsfähigkeit der Arten gefährden. Insbesondere der Kunststoffabfall ist global in jeder Höhenschicht nachweisbar. So findet sich Mikroplastik in Gletschern und auf dem Meeresgrund gleichermaßen, Flüsse und Meere befördern riesige Plastikansammlungen und Küstengebiete müssen regelmäßig von unserem Zivilisationsabfällen aufwendig befreit werden.
  5. Invasive gebietsfremde Arten, insbesondere die Einführung durch den Menschen aber auch natürliche Migration. Gebietsfremde Arten können massiv das Gleichgewicht von Ökosystemen stören, da sich die bestehenden Arten evolutionär nicht an die neuen Arten anpassen konnten. So können neue Predatoren, wie z.B. Katzen und Ratten in Neuseeland, die bodenbrütenden Vogelarten ausrotten oder invasive Pflanzen die Nährstoffe heimischen Arten wegnehmen.

[1] IPBES (2019), Global assessment report of the Intergovernmental Science-Policy Platform on Biodiversity and Ecosystem Services, Brondízio, E. S.,Settele, J., Díaz, S., Ngo, H. T. (Hrsg.). IPBES secretariat, Bonn

Durch den Ausschluss von Atomenergie wirken wir vornehmlich stabilisierend auf den Treiber Verschmutzung. Vor allem im Zuge einer möglichen Havarie, wie bei der Nuklearkatastrophe von Fukushima, schädigt Atomkraft die Biosphäre. Zudem wird durch den Ausschluss vom Abbau von Uran einer Umnutzung von Land entgegengewirkt. Die GLS Bank wirkt also stabilisierend auf Landnutzung.

Die Energiegewinnung aus Kohle, Öl und Gas ist aus ökologischer Sicht in mehrfacher Hinsicht kritisch. So wirken wir stabilisierend auf die Landnutzung und die Ausbeutung von natürlichen Ressourcen (sehr hoher Wasserverbrauch) durch den Ausschluss der Förderung von Kohle, Öl und Gas. Außerdem ist das Ausschlusskriterium ein bedeutender Beitrag zur Stabilisierung der globalen Erderwärmung (Treibhausgas-Emissionen) bzw. des Klimawandels sowie der Verschmutzung der Atmosphäre durch Nebenprodukte aus der Verbrennung.

Der Ausschluss von der Produktion sowie Verwendung von chemisch-synthetischen Pestiziden in der Landwirtschaft wirkt stabilisierend auf den Treiber Verschmutzung und hat auch Einfluss auf die Intensität der Landnutzung. Insektizide, Herbizide und Fungizide können sowohl akut-toxische Auswirkungen auf Tiere und Pflanzen haben, als auch langfristige Folgen, aufgrund eines dadurch veränderten Habitats oder Nahrungskette. 

Gentechnisch modifizierte Arten sind als invasive gebietsfremde Arten zu werten. Insgesamt ist die Reduzierung auf wenige Arten mit sehr geringer genetischer Vielfalt in der konventionellen Landwirtschaft als äußerst kritisch einzustufen. Durch die geringe Vielfalt sind die Arten nicht dazu im Stande, sich an wechselnde Gegebenheiten wie den Klimawandel oder Schädlinge anzupassen. Die Pflanzen werden nicht nur durch den Einsatz von Gentechnik, sondern auch durch gezielte Züchtung in ihrer genetischen Vielfalt eingeschränkt. Deshalb wirkt die GLS Bank ebenfalls durch ihr Engagement in der Saatgutforschung stabilisierend auf die Biodiversität.

Industriell produzierte Chemikalien wirken negativ auf die Treiber Verschmutzung (sowohl durch Emissionen in der Produktion als auch durch die Entsorgung) sowie die Landnutzung und Ausbeutung natürlicher Ressourcen (Abbau Rohstoffe, Produktionsprozess). Durch die Prüfung von Unternehmen, die Chemikalien, welche unter die EU REACH-Verordnung, Internationale Abkommen und der Liste der gefährlichen Stoffe des ChemSec fallen, schließen wir Unternehmen bewusst aus und wirken stabilisierend auf die drei Treiber.

Die Massentierhaltung wirkt destabilisierend auf alle fünf Hauptreiber. Dabei muss die gesamte Lieferkette betrachtet werden. Je nach Quelle werden 60-70 Prozent der globalen Produktion von Feldfrüchten ausschließlich als Futtermittel verwendet. Insgesamt machen Weide- und Futtermittelanbauflächen 90 Prozent der landwirtschaftlichen Flächen aus (= 34 Prozent der gesamten Erdoberfläche). Die Folge: Riesige Ökosysteme, z.B. im Amazonasgebiet, werden umgewandelt durch z.B. Rodung und unter Einsatz von Pestiziden und chemischen Düngemittel Monokulturen, wie Soja und Mais, angebaut. Diese radikale Umnutzung von Land zahlt negativ auf Landnutzung ein. Oft werden auch Flüsse umgeleitet oder Feuchtgebiete trockengelegt, also findet eine Umnutzung von Süßwasserökosystemen statt. Zudem wird Wasser zur Bewässerung benötigt, also natürliche Ressourcen ausgebeutet. Die eingesetzten Chemikalien, Mineralien und Gülle sind als Verschmutzung zu werten. Obendrein emittieren Landwirtschaftsflächen mehr Treibhausgase, als sie absorbieren. Schätzungen zufolge [1] emittiert das Amazonasgebiet aufgrund von Entwaldung heute bereits ca. dreimal so viel CO2 wie es absorbiert. Hinzu kommen die Treibhausgasemissionen in Form von Methan und Stickstoffdioxid, welche pro Hektar 1.984 kg CO2e im Jahr verursachen. Die Auswirkungen auf den Klimawandel sind enorm. Außerdem wird durch den Anbau das Eindringen invasiver gebietsfremder Arten gefördert.

Die Logistik (Containerschiffe für Futtermitteltransport, LKW für Futtermittel- und Tiertransport) wirkt zudem destabilisierend auf Land- und Meeresnutzung (Straßenbau- und Containerschifffahrt), Klimawandel und Verschmutzung. Die Tierhaltung benötigt wiederum Fläche (Landnutzung), enorme Mengen an Wasser (Ausbeutung natürlicher Ressourcen), fördert Verschmutzung durch die produzierte Gülle, welche oftmals mit Antibiotika versetzt ist und emittiert CO2 durch die Beheizung der Ställe sowie Methangas (Klimawandel). Je nach Schätzung ist die Massentierhaltung für 14,5 Prozent bis hin zu 51 Prozent (gesamte Lieferkette) der globalen Treibhausgasemissionen verantwortlich. Bei der aktuellen Entwicklung würden allein die fünf größten Fleischproduzenten der Welt 2050 über 80 Prozent der erlaubten Treibhausgase zur Einhaltung des 1,5°C-Ziels emittiert haben.

Da wir als GLS Bank sowohl die Haltung als auch die Verarbeitung von Tieren bzw. tierischen Produkten aus der Massentierhaltung ausschließen, leisten wir einen bedeutenden Beitrag in der Stabilisierung der fünf Haupttreiber. 

Die Abholzung, bzw. Umwandlung natürlicher Wälder und Ökosysteme für den Anbau von Futtermitteln, der Tierhaltung, der Palmölproduktion oder auch der Förderung von Öl, Gas und anderen Rohstoffen wirkt destabilisierend auf alle fünf Haupttreiber. Deshalb prüfen wir Unternehmen auch auf ihre Lieferkette, und schließen diese von einer Finanzierung oder Investition aus, sollte eine Beteiligung an illegalen Abholzungspraktiken und Ökosystemzerstörung bekannt sein.  

Durch den Ausschluss kontroverser Umweltpraktiken können wir in unserem eigenen Tun z.B. der Entwässerung und Degradierung von Feuchtgebieten und Mooren und der Überfischung der Meere und Landgewässer entgegenwirken, also stabilisierend auf Ökosystemnutzung wirken. Zudem wirken wir mit diesem Kriterium der übermäßigen Ausbeutung natürlicher Ressourcen, dem Klimawandel und der Verschmutzung entgegen.

[1] Vgl. Gatti, L.V., Basso, L.S., Miller, J.B. et al. (2021): Amazonia as a carbon source linked to deforestation and climate change. Nature 595, 388–393 (2021).

Unsere Anlage- und Finanzierungsgrundsätze definieren nicht nur Ausschlusskriterien, sondern ebenfalls Positivkriterien, unter anderem zu einer umweltschonenden Betriebsführung. Auch diese haben eine stabilisierende Wirkung auf die fünf Haupttreiber des Biodiversitätsverlustes. Positivkriterien nutzen wir sowohl für Geschäftsfelder, zum Beispiel ökologische Landwirtschaft, als auch für Geschäftspraktiken. Die positiven Geschäftspraktiken sind eine Art Kriterienkatalog für die Unternehmen, die wir finanzieren. Dies ist zum Beispiel eine umweltschonende Betriebsführung.

Grundsätzlich wirken die meisten Aspekte der umweltschonenden Betriebsführung (z. B. Zielsetzungen, Maßnahmen und Berichterstattung zur Reduktion des Plastikfußabdruckes und schädlicher Emissionen wie Feinstaub; Richtlinien und Maßnahmen für einen verantwortungsvollen und proaktiven Umgang mit der Ressource Wasser) auf alle fünf Haupttreiber des Biodiversitätsverlustes stabilisierend.

Stabilisierend in Bezug auf Land- und Meeresnutzung wirkt dabei die längere Lebensdauer und Reparaturfähigkeit von Produkten. Denn so werden weniger Ressourcen verbraucht, also ebenfalls weniger neue Abbaugebiete für seltene Rohstoffe usw. erschlossen. Zeitgleich verringert eine verlängerte Nutzungsdauer den Logistikaufwand, was den Übersee-Containerschiffverkehr reduzieren kann.

Und wie sieht es mit Kunststoffen aus?

Kunststoffe sind aus unserem Lebensalltag nicht mehr wegzudenken. Ob für medizinische Kanülen, Computer oder Kleidung, das Material ist allgegenwärtig. Vor allem synthetische Kunststoffe sind aus vielerlei Sicht problematisch. Die Basis ist in der Regel Erdöl, welches massive negative Einflüsse auf die Umwelt hat, sowohl bei der Förderung als auch Verbrennung bzw. Freisetzung in die Natur. Mikroplastik schadet Tieren und Pflanzen. Aber auch die oft enthaltenen chemischen Zusätze können bedenklich für die Umwelt und den menschlichen Körper sein. Als GLS Bank finanzieren wir deshalb in der Regel keine Unternehmen, die neue Kunststoffe auf Erdölbasis herstellen. Positiv für uns sind Unternehmen, die recycelten Kunststoff einsetzen, oder sinnvolle Alternativen entwickeln. So gibt es mittlerweile Kunststoffverbindungen auf Basis von pflanzlichen Reststoffen, die zudem gut abbaubar sind. Generell gilt: wir müssen den Kunststoffverbrauch reduzieren. Durch einen Ausbau des Recyclings kann zudem das ohnehin bereits vorhandene Kunststoff im Sinne seiner Langlebigkeit im Kreislauf weitergenutzt werden. 

Drei Männer sortieren Kartoffeln.

Gezielte Finanzierung ökologischer Landwirtschaft

Wir finanzieren seit unserer Gründung 1974 gezielt den Ausbau ökologischer Landwirtschaft. Denn wir sind der Meinung, dass es nur mit der ökologischen Landwirtschaft gelingen kann, unsere Lebensgrundlangen wie Boden und Wasser zu schützen.

In unserem Zukunftsbild für die Branche Ernährung haben wir daher definiert, nach welcher Vision wir mit unseren Finanzierungen streben: Unser Zukunftsbild für die Landwirtschaft besteht aus den Qualitäten regionale Wertschöpfung, faire Partnerschaften, gesunde Ernährung und Innovation – und natürlich einer Bio-Zertifizierung für alle landwirtschaftlichen Höfe und Lebensmittel.

Ausschluss konventioneller Landwirtschaft aus dem Kreditgeschäft

Wir finanzieren zu 0 Prozent konventionelle Landwirtschaft.

Der Einsatz von chemisch-synthetischen Spritz- und Düngemitteln ist die Hauptursache von Bodenunfruchtbarkeit und dem Artensterben im ländlichen Raum. Wir schließen Investitionen in die konventionelle Landwirtschaft, die mit Pestiziden und künstlichen Düngemitteln arbeitet, durch unsere strengen Anlage- und Finanzierungsgrundsätze aus.

Im Jahr 2023 hat die GLS Bank 53,7 Mio. Euro in Naturkost und ökologische Landwirtschaft investiert. Der Bestand an ökologischer Fläche, den die von uns im Jahr 2023 finanzierten Betriebe haben, beläuft sich auf 10.473 Hektar. Regionale Wertschöpfung steht dabei für alle im Vordergrund. Relevante Kund*innen in Verarbeitung und Handel, die 2023 eine Finanzierung erhalten haben, bezogen zu über 80 Prozent ihren Einkauf aus einem Radius von max. 140 km (bezogen auf den Umsatz). Die hohe Bedeutung des Ökolandbaus belegen Studien regelmäßig. Der Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft (BÖLW) zitiert 2019 eine umfassende Metastudie zur Artenvielfalt: „Im Mittel lagen die Artenzahlen der Ackerflora bei Öko-Bewirtschaftung um 95  Prozent, bei den Feldvögeln um 35 Prozent höher“ als bei konventionellem Anbau.

Über unsere Zukunftsstiftung Landwirtschaft fördern wir seit 20 Jahren gemeinnützige Projekte, insbesondere die ökologische Saatgutzüchtung, mit jährlich über 2 Millionen Euro. Die Züchtung einer Sorte dauert bis zu 10 Jahre. Die ökologischen Alternativen vermeiden jedoch die gängige Hybridzüchtung oder gentechnische Verfahren, die meist einhergehen mit der Behandlung von Dünge- und Pflanzenschutzmitteln.

Ökologische Landwirtschaft bedeutet nicht nur einen umweltverträglicheren Anbau von Lebensmitteln und Rohstoffen, sondern auch die Erhaltung und Pflege von Kulturlandschaften. Durch die Beweidung von Wiesen werden diese vor einer Verwaldung geschützt und bleiben somit Heimat von verschiedenen Insekten, Vögeln und Wildtieren. Auch birgt eine Beweidung mit ausreichend Platz für die Weidetiere den Vorteil, dass dem Boden zusätzlicher und vor allem natürlicher Dünger zukommt und die Huftritte der Tiere den Boden lockern sowie das Pflanzenwachstum anregen.

Politischer Wandel

Die konventionelle Landwirtschaft führt zu einer massiven Verarmung der Lebensräume, der biologischen Vielfalt und der Bodenfruchtbarkeit. Umweltschäden durch Spritz- und Düngemittel müssen ihren Preis bekommen. Politisch setzt sich die GLS Bank seit 2017 für eine Abgabe auf Spritz- und Düngemittel ein. 2020 haben wir u.a. gemeinsam mit Greenpeace, dem WWF, der DUH und Bioland eine Machbarkeitsstudie für die Einführung einer Pestizidabgabe durchführen lassen. Diese untersucht auf Grundlage des bewährten dänischen Modells, wie eine Pestizidabgabe in Deutschland sinnvoll ausgestaltet werden könnte. Die Ergebnisse wurden Anfang 2021 vorgestellt und sollen Impulse für nationale und europäische Reformen geben.
Gleichzeitig wurde mit den Ergebnissen ein öffentliches Bewusstsein geschaffen, um eine Abgabe auf Spritz- und Düngemittel auf die politische Agenda zu bringen.

Man sieht eine Mappe, mit der Aufschrift "Ackergifte? Nein danke!". Im Zentrum des Aufklebers ist eine Cartoon-Biene zu sehen. Die Mappe wird von einer Person gehalten.

Weiterhin engagiert sich die GLS Bank aktiv an zivilgesellschaftlichen Protesten, die einen bewussten Umgang mit unserem Planeten fordern. Wir machen mobil und sind aktiv dabei auf den Klimastreiks von Fridays-For-Future und unterstützen die Demonstration „Wir haben es satt!“ in Berlin. Hier hat sich die GLS Bank immer wieder für eine Agrarwende starkgemacht: gegen das Bauernsterben in ländlichen Gebieten, gegen die Grundwasserverschmutzung, gegen das Artensterben und generell für gesunde, biologische Lebensmittel sowie eine nachhaltige, bodenschonende Landwirtschaft.

Die GLS Bank ist Mitglied in verschiedenen Initiativen für die Agrarwende. Mit dem Bündnis für enkeltaugliche Landwirtschaft unterstützen wir die Kampagne „Ackergifte? Nein danke!“ und die empirische Forschung über die Verbreitung von Pestiziden. Hier hat die GLS Bank 2020 als Teil des Bündnisses für enkeltaugliche Landwirtschaft die erste Studie ihrer Art initiiert, den Pestizidgehalt mit Passivsammlern zu erfassen. Die Ergebnisse zeigen deutlich: Es gibt nahezu keinen Ort in Deutschland, an dem keine Pestizide nachgewiesen werden konnten. Die Annahme, dass Pestizide nur lokal am Ausbringungsort wirken, ist somit hinfällig. Der Pestizidgehalt in Luft und Wasser ist deutlich höher als bislang angenommen.

Wie wir destabilisierend auf die Biosphäre wirken

Ressourcenverbrauch

Die GLS Gruppe produziert keinen gefährlichen Abfall. Vor allem im Büro nutzen wir Ressourcen wie Strom und Papier. 2023 verbrauchten wir 62,7 Tonnen Papier. 99,7% sind Recyclingpapier und mit dem Blauen Engel zertifiziert. Damit nehmen wir weniger Naturfläche in Anspruch, als würde unser Papier aus Holzfrischfasern hergestellt werden.

In den Tabellen* listen wir unseren Papierverbrauch sowie unsere Abfälle auf.

* Der Entsorgungsweg „Verwertung“ steht für Sammlung und Verwertung aus den Wertstofftonnen nach den Regeln des dualen Entsorgungssystems. Dies geschieht überwiegend durch Rückführung der Wertstoffe in die Stoffkreisläufe und zu geringeren Anteilen in eine Verbrennung oder die Herstellung von Ersatzbrennstoffen.

Erste Holzbankkarte ohne Plastikkern

Die weltweit erste Holzbankkarte ganz ohne Plastikkern wurde von uns eingeführt. Das Besondere: Sie besteht zu über 90 Prozent aus Holz und Papier. Sie ist mit einem Bio-Stoff verklebt. Übliche Holzkarten enthalten eine Zwischenlage aus Kunststoff. Antenne, Chip und Magnetstreifen müssen aus funktionalen Gründen in ihrer herkömmlichen Form verwendet werden. Das Holz stammt aus nachhaltig bewirtschafteten Wäldern in der EU und der Schweiz. Die GLS Holzkarte besteht aus Ahorn. Künftig können auch andere heimische Holzarten genutzt werden. Angeboten wird die GLS Holzkarte in Zusammenarbeit mit DG Nexolution, Raiffeisen-Druckerei und COPECTO GmbH.

Das Bild zeigt die GLS Holzbankkarte auf ein Kartenlesegerät gehalten wird.

Einflüsse unserer Branchen auf die Biodiversität

Ernährung ist ein Grundbedürfnis – dessen Befriedigung oder aber die Produktion von Nahrungsmitteln dafür jedoch ressourcenaufwändig und emissionsstark. Auch die ökologische Landwirtschaft beansprucht Fläche. Fläche, die somit nicht für natürliche Ökosysteme zur Verfügung steht und Lebensraum und Bewegungsradius wildlebender Arten einschränkt. Kritiker*innen der ökologischen Transformation der Landwirtschaft monieren zudem, dass der Ertrag je Hektar geringer sei als bei konventioneller Bewirtschaftung. Die negativen Auswirkungen durch Landnutzung und -umnutzung durch ökologische Landwirtschaft sind in Realität aber weitaus geringer als bei konventioneller Landwirtschaft. Biohöfe sind oft so gestaltet, dass sie Rückzugsorte für wildlebende Arten bieten. Zudem werden die Böden nachhaltig bewirtschaftet. Gute Boden-Ökosysteme halten Nährstoffe, filtern Wasser und wirken als Saugkörper für Wasser, was Fluten und deren Folgen verhindern oder zumindest abmildern kann.

Gut bewirtschaftete Böden fördern vor allem eine hohe Biodiversität von Klein- und Kleinstlebewesen und helfen damit nicht nur bei der Kontrolle von Schädlingen und Krankheiten. Sie absorbieren Treibhausgase und können Landrutsche verhindern. Dadurch kann eine Fläche dauerhaft landwirtschaftlich genutzt werden und verkommt nicht zu Ödland, wie bei konventioneller Bewirtschaftung. Langfristig gesehen, benötigt die ökologische Landwirtschaft somit weniger Fläche. Zudem werden derzeit rund 57 Prozent der landwirtschaftlichen Flächen exklusiv für den Futtermittelanbau verwendet. Massentierhaltung ist der Hauptgrund für Flächenkonkurrenz. Die GLS Bank schließt Massentierhaltung in den Anlage- und Finanzierungsgrundsätzen kategorisch aus.

Hinzu kommt, dass die Verschmutzung von Böden und Wasser durch den Ausschluss chemisch-synthetischer Pestizide und mineralischer Dünger weitaus geringer ist als bei konventioneller Landwirtschaft. Ein vollständiger Ausschluss der Verschmutzung ist jedoch nicht möglich. Einige wenige Bio-Landwirte nutzen Kupfer zur Schädlingsbekämpfung. Zudem können Ölrückstände von Landwirtschaftsmaschinen und Reifenabtrieb geringe Schäden verursachen.

Landwirtschaft geht in der Regel mit einem hohen Wasserverbrauch und Treibhausgasemissionen einher. Die emittierten Treibhausgase durch ökologische Landwirtschaft sind pro Hektar durchschnittlich um 1.750 kg CO2e [1] geringer als bei konventioneller Bewirtschaftung.

[1] Kurt-Jürgen Hülsbergen (Hrsg.), Umwelt- und Klimawirkungen des ökologischen Landbaus, in: Weihenstephaner Schriften (Band 16), 2022.

Unter „Nachhaltige Wirtschaft“ fassen wir ein breites Spektrum unterschiedlichster Unternehmen zusammen – von Unternehmen, deren Produkte zur Mobilitätswende beitragen, über die Hersteller von Naturkosmetik oder Naturtextilien bis zu Selbstständigen und Dienstleistern. Allen gemein ist, dass sie einen sozial-ökologischen Mehrwert leisten und menschliche bzw. gesellschaftliche Grundbedürfnisse erfüllen. Welche konkreten Auswirkungen die Branche auf die Biodiversität hat, lässt sich qualitativ jedoch nur schwer ermitteln. Grundsätzlich stehen Lieferketten, Abfälle und Emissionen in Produktion sowie Logistik, die Nachhaltigkeit der Immobilien, die Langlebigkeit von Produkten und ihre Recyclingfähigkeit im Fokus.

Durch die Anlage- und Finanzierungsgrundsätze schließen wir u.a. die Produktion von chlororganischen Massenprodukten aus und zeigen kontroversem Umweltverhalten, wie z.B. dem Raubbau an der Natur, die Rote Karte. Stattdessen achten wir in der Kreditvergabe auf eine ressourcenschonende Betriebsführung und freiwillige Produktverantwortung.

Von der Rohstoffgewinnung über den Bau bis hin zur Nutzung: Immobilien haben signifikante Auswirkungen auf Ökosysteme und gefährden damit die Biodiversität. Bei vielen von uns sind zunächst die Prozesse, welche zur Errichtung eines neuen Gebäudes führen, mit Bildern verbunden, die die hohe Umweltbelastung durch Immobilien erahnen lassen. Da wäre der Steinbruch, der sich wie ein Krater immer tiefer in die Landschaft gräbt. Oder die Abfälle und Emissionen durch Baustellen. Neue Fundamente versiegeln den Boden dauerhaft und entziehen die Fläche damit der Tier- und Pflanzenwelt. Deshalb sind Neubaugebiete aus ökologischer Sicht kritisch zu betrachten. Noch immer ist es in Deutschland legal, Moore und Feuchtgebiete für Bauvorhaben trockenzulegen. Die negativen Auswirkungen von Immobilien setzen sich im Betrieb fort. Aufgrund der Dauer der Nutzung übersteigen diese sogar in Summe die der vorherigen Prozessstufen. Durch Beheizung mit fossilen Brennstoffen wird CO2 freigesetzt und die Luft verschmutzt. Für die Haushalte wird Grundwasser entnommen. Licht und Lärm sorgen für zusätzliche Störungen. Wie können wir also einen stabilisierenden Einfluss auf die Biodiversität in der Branche „Wohnen“ erreichen?

Zum einen ist die Politik gefragt. Wildtierkorridore im urbanen Raum und mehr grüne Flächen sind genauso Teil in der Planung der EU-Biodiversitätsstrategie wie ein mögliches Verbot der Trockenlegung von Mooren und Feuchtgebieten. Aber auch das Bauvorhaben selbst kann viel bewegen. So können nachhaltige Baumaterialien wie Holz auch für hohe Gebäude zum Einsatz kommen. Eine gute Isolierung reduziert den Energieverbrauch, ein intelligentes Beleuchtungssystem die Lichtverschmutzung. Zudem sorgen umsichtig gestaltete Grünanlagen, Dach- und Fassadenbegrünung, Totholzecken, Streuobstwiesen und Insektenhotels für neuen Lebensraum und ermöglichen einen höheren Bewegungsradius von Arten. Regenwasserspeicher helfen dabei, die Grundwasserentnahme geringer zu halten. 98 Prozent der von uns in 2023 finanzierten Wohnprojekte fördern Klima- und Umweltschutz durch gezielte Maßnahmen, oder planen dies. Ungefähr zwei Drittel bemüht sich um die Verringerung der Flächenversieglung bzw. plant dies.

Mit dem nWert-Gutachten ermittelt die GLS Immowert die Nachhaltigkeit von Bauprojekten. Damit haben Kund*innen die Möglichkeit, bereits früh im Planungsprozess ein Verständnis für ökologische Auswirkungen zu erlangen und es werden Lösungsansätze aufgezeigt. Gemäß der Anlage- und Finanzierungsgrundsätze werden baubiologische Werkstoffe sowie Projekte mit positiver Energiebilanz und möglichst geringem Primärenergieverbrauch positiv bewertet.

Klimawandel und Biodiversität sind untrennbar miteinander verbunden. Dieser Zusammenhang wurde Februar 2022 erneut durch den sechsten Sachstandsbericht der zweiten Arbeitsgruppe des Weltklimarats bestätigt. Deshalb ist unser Ziel „100 % Erneuerbare Energien“ auch ein Beitrag zum Schutz der Vielfalt des Lebens. Dennoch dürfen wir nicht vergessen, dass die Produktion von Photovoltaik-Anlagen, Windrädern und auch Speichersystemen ressourcenaufwendig ist und vor allem im Zusammenhang mit den notwendigen seltenen Erden kontroverses Umweltverhalten in den Lieferketten nicht ausgeschlossen werden kann. Auch die Langlebigkeit und Recyclingfähigkeit sind zu beachten.

Windenergie

Die potenziellen negativen Auswirkungen von Windkraft auf die Biodiversität sind bei Errichtung und Betrieb primär vom Standort abhängig. Kritisch zu beurteilen sind Umleitungen von Flüssen für die Schaffung eines Standorts oder die Errichtung im Wald. Auch die GLS Bank hat ein Projekt mit drei Windrädern im Wald finanziert. Denn nicht immer ist es möglich, einen alternativen Standort zu finden, auch aufgrund von politischen Entscheidungen wie der 1.000-Meter-Abstandsregel in mehreren Bundesländern. Die Alternative wäre kein Windenergieprojekt und damit keine dezentrale, erneuerbare Energiequelle vor Ort.
Im Übrigen: Vogel- und Fledermausschutz ist technisch lösbar. In Deutschland werden Windkraftanlagen in der Nähe geschützter Vogelarten per Gesetz mit Schutzvorrichtungen ausgestattet, um Kollisionen zu vermeiden.

Photovoltaik (PV)

PV-Anlagen brauchen vor allem eins: Fläche. Daher stellt sich zwangsläufig die Frage, ob durch diese Landnutzung die Biodiversität gefährdet wird. Hier muss eine Einzelfallbetrachtung vorgenommen werden. Wird ursprünglich konventionell landwirtschaftlich genutzte Fläche in einen Solarpark umgewandelt, können mit entsprechender Pflege neue Lebensräume entstehen. Vor allem mittelgroße Solarparks können somit in stark landwirtschaftlich geprägten Gegenden einen neuen Rückzugsort für Wildtiere und Pflanzen darstellen. Die GLS Bank hat sich dazu entschieden, Photovoltaikanlagen auf landwirtschaftlichen Flächen unter gewissen Bedingungen zu finanzieren. Der eigens hierfür entwickelte Kriterienkatalog bezieht unter anderem Aspekte der Flächenkonkurrenz, ökologisches Aufwertungspotenzial der Fläche, und Bürgerbeteiligung mit ein. Ehemalige Konversionsflächen sehen wir generell als geeignet an. Nur 13 Prozent unserer PV-Projekte in 2023 wurden auf Freiflächen umgesetzt.

Langfristig müssen Strategien umgesetzt werden, Flächen hybrid zu nutzen, also urbanen Raum, Straßen und auch landwirtschaftliche Flächen so mit Solarmodulen auszustatten, dass die notwendige Energie erzeugt werden kann. Noch fehlen aber auf 89 Prozent der geeigneten Dächer in Deutschland PV-Anlagen. Die GLS Bank setzt daher einen Schwerpunkt bei der Finanzierung von PV Anlagen auf Dachflächen. Im Jahr 2023 wurden 85 Prozent aller durch die GLS finanzierten PV Anlagen auf Dächern installiert.

Die Geschäftsfelder und Aktivitäten von Einrichtungen und Unternehmen der Branche Soziales & Gesundheit haben in erster Linie keine direkte Auswirkung auf die Biodiversität. Der Haupteinflussfaktor ist hier die genutzte Immobilie. Erfreulich ist dahingehend, dass die Immobilien im Schnitt einen nWert von 64,5 erhalten haben, was der Einstufung „gut“ entspricht.

Auch in der Branche „Bildung & Kultur“ ergibt sich eine Auswirkung auf die Biodiversität primär durch die genutzten Immobilien. Beim nWert-Gutachten schnitten die Immobilien durchschnittlich mit 67,9 ab, was der Einstufung „gut“ entspricht.

Eine langfristige, positive Wirkung können Bildungs- und Kultureinrichtungen haben, wenn sie in den Bereichen Umwelt und Natur Bildungsangebote vermitteln. So können ein stärkeres Bewusstsein, Wissen und Wertschätzung für die Natur in der Gesellschaft langfristig zu einem Umdenken und umweltbewussterem Handeln und Wirtschaften führen.

Bedeutung der Biosphäre für uns als Bank

Finanzielle Risiken

Der zunehmende Biodiversitätsverlust bedroht unser Überleben und führt zu finanziellen Risiken.

Biodiversitätsverlust kann die Verfügbarkeit und Qualität von Wasserressourcen beeinträchtigen, was sich negativ auf Industrien und Gemeinden auswirkt und somit finanzielle Risiken für die Bank birgt.

Ein Rückgang der Bodenfruchtbarkeit und der Artenvielfalt kann die langfristige Produktionskapazität der Landwirtschaft verringern, was sich negativ auf landwirtschaftliche Kredite auswirkt. Daher ist es besonders wichtig, dass wir Finanzierungen an Betriebe ausgeben, die sich gezielt auf diese Entwicklungen vorbereiten.

Verlust an Biodiversität kann Ökosysteme destabilisieren und die Auswirkungen des Klimawandels verschärfen, was die Risiken für die Bank erhöht, insbesondere in Bezug auf Investitionen in anfällige Regionen.

Der Bau von Windkraftanlagen oder Immobilien führt zu Bodenversiegelung, die Lebensräume zerstört und den natürlichen Wasserhaushalt stört. Diese Zielkonflikte zwischen dem Ausbau erneuerbarer Energien bzw. Wohnraum und Flächenversiegelung kann zu einem Reputationsrisiko führen.

Noch gibt es kaum politische Vorgaben, die für einen ambitionierten Biodiversitätsschutz notwendig wären. Neue gesetzliche Regelungen könnten plötzlich eingeführt werden, die bestehende Investitionen gefährden oder zusätzliche Kosten verursachen.

Finanzielle Chancen

Der notwendige Wandel in Richtung von Biodiversitätsschutz birgt Chancen für die GLS Bank.

Die GLS Bank finanziert Betriebe, die Humus aufbauen und biologische Schädlingsbekämpfung nutzen, wodurch die Bodenfruchtbarkeit und Ernteerträge langfristig gesichert werden.

Durch die wachsende Aufmerksamkeit für Umweltthemen entscheiden sich mehr Menschen für nachhaltige Finanzdienstleistungen.

Ökologische Landwirtschaft ist resilienter gegen Umwelteinflüsse, was zu stabileren Erträgen und damit auch zu einer stabileren Rückzahlung von Krediten führt.

Zunehmende staatliche Förderprogramme für nachhaltige Projekte bieten finanzielle Unterstützung und verbessern die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen für Investitionen in den Biodiversitätsschutz.

Biodiversität aus Sicht des Risikomanagements

Im Rahmen des ESG-Risikomanagements der GLS Bank identifizieren wir als Ausgangspunkt in der Risikoinventur wesentliche ESG-Risikotreiber. Hier analysieren wir im Blick auf die Biodiversität unsere Betroffenheit von physischen Umweltrisiken (zunehmender Biodiversitätsverlust und damit Rückgang unterstützender, bereitstellender, kultureller und regulierender Biodiversitätsleistungen) sowie transitorischen Biodiversitätsrisiken (Senkungsnotwendigkeit negative Biodiversitätswirkungen, Entwaldungsverbot, Senkungsnotwendigkeit Wasserverbrauch, Schutzvorschriften für gesunde Ökosysteme, nachhaltige Landnutzung etc.). Grundlage hiervon sind qualitative Analysen der Geschäftsfelder mit einer positiven und/oder negativen Biodiversitätswirkung sowie der Abhängigkeit von Biodiversitätsleistungen. Der Klimawandel als ein Haupttreiber des Biodiversitätsverlusts wird ebenso in der Risikoinventur behandelt. Ergebnis der Risikoinventur sind wesentliche ESG-Risiken, die im fortlaufenden Risikomanagementprozess, darunter Stresstests und Sensitivitätsanalysen, behandelt werden.

Im Rahmen der ESG-Risikobewertung von großen Kreditnehmer*innen erfassen wir systematisch biodiversitätsrelevante Informationen, beispielsweise hinsichtlich implementierter Biodiversitätsmaßnahmen, Daten zu gefährlichem Abfall oder Wasserverbrauch und -entnahme.

Als Hotspot bzgl. unserer Biodiversitätswirkung sehen wir die Versiegelung von Fläche durch den Bau von Immobilien. In der privaten Baufinanzierung haben wir hier als ersten Schritt eine detailliertere Datenerfassung bzgl. der Versiegelung/Entsiegelung von Fläche implementiert und koppeln hohe Nachhaltigkeitsleistungen von Immobilien (darunter auch die Flächenversiegelung) an die Kreditkonditionen, damit wir Nachhaltigkeitsanreize schaffen.

Durch unsere nachhaltigen Immobiliengutachten nWert der ImmoWert GmbH erfassen wir auch für nicht-private Immobilienfinanzierungen Biodiversitätsdaten. Das Ergebnis des Nachhaltigkeitsgutachtens haben wir an die Ermittlung des Sicherheitenwertes gekoppelt und schaffen hierüber auch eine Einbindung von Biodiversitätsleistungen in die Konditionen von Krediten.