Unser Zukunftsbild Wohnen
Geld als Gestaltungsmittel: Unser Nachhaltigkeitsverständnis und Zukunftsbild
Als GLS Bank nutzen wir Geld als soziales Gestaltungsmittel. Gemeinsam mit unseren Kund*innen wollen wir durch den bewussten, verwendungsorientierten Umgang mit Geld die Zukunftsfähigkeit der Gesellschaft sichern und fördern.
Die Grundlage für unsere Arbeit und unser Verständnis einer nachhaltigen Wirtschaft und Gesellschaft bilden unser Leitbild und die Anlage- und Finanzierungsgrundsätze. Darin halten wir fest, welche Geschäftsfelder und -aktivitäten wir grundsätzlich von einer Finanzierung ausschließen und welche Geschäftsfelder wir im Rahmen unserer Finanzierungsentscheidungen positiv bewerten, weil sie aus unserer Sicht zu einer zukunftsfähigen Gesellschaft beitragen.
Daraus abgeleitet ergeben sich unsere sechs Branchen. Für diese haben wir jeweils in einem Zukunftsbild unsere Vision für die Branche festgehalten – sprich: Was ist für uns der Zielzustand einer nachhaltigen Gesellschaft in dieser Branche?
Für die Branche „Wohnen“ halten wir fest:
Jeder Mensch braucht einen Platz zum Leben. Wir wollen bezahlbaren Wohnraum für alle, für gemeinschaftliches und individuelles Wohnen, nachhaltig gebaut, mit guter Infrastruktur und ÖPNV, Orten der Begegnung, Stadtgrün und einer guten Nachbarschaft.
Mieter*innen und Eigentümer*innen kennen ihre (zukünftige) Immobilie und das Umfeld am besten. Es ist daher absolut sinnvoll, sowohl ihr Wissen als auch ihre Meinung - am besten vertraglich abgesichert – mit einfließen zu lassen: bei Bau oder Sanierung ebenso wie bei Miet- und Verwaltungsstrukturen. Größere Sicherheit bieten außerdem ein besserer als der übliche Kündigungsschutz für Mieter*innen und ein angemessenes Verhältnis zwischen Einkommen und Ausgaben für Miete oder Baufinanzierung. Das gelingt besonders gut in gemeinschaftlichen Wohnprojekten, wie wir aus Erfahrung wissen.
Selbstbestimmtes Wohnen und soziale Vielfalt: Darunter verstehen wir, dass vor allem in gemeinschaftlichen Wohnprojekten Jung und Alt, Menschen unterschiedlicher Herkunft und mit unterschiedlichen Einkommen zusammenkommen. Gemeinsam schaffen sie ein gutes Miteinander in der Nachbarschaft. Diese Aspekte spielen eine ebenso wichtige Rolle wie all das, was wir unter nachhaltigem, klimaverträglichem Bauen und Sanieren verstehen: umweltverträgliche Materialien verwenden, zirkulär bauen und somit Materialien wiederverwerten, auf erneuerbare Energien setzen, Mobilitätsangebote schaffen, die umweltverträglich sind.
In unserem Zukunftsbild für die Branche Wohnen finden sich diese Aspekte vom Bauen bis hin zum Miteinander für ein gutes, zukunftsfähiges Wohnen wieder.
Herausforderungen und Schwerpunkte 2024
Zuschüsse und Fördermittel von Bund und Land spielen im Wohnungsbau und bei der Gebäudesanierung eine große Rolle: Sie setzen wichtige Anreize. Die Auswirkungen der Haushaltssperre des Bundes sind daher noch immer spürbar, auch wenn einige gestoppte Förderprogramme inzwischen wieder anlaufen. Auch die Förderung genossenschaftlichen Wohnens durch das KfW-Programm 134 wurde zwischenzeitlich ausgesetzt, ist nun aber wieder verfügbar – wenn auch mit angepassten Bedingungen. Gleichzeitig bleibt die Situation auf dem Wohnungsmarkt angespannt: Während in einigen Regionen Wohnraum leer steht, steigt in anderen die Nachfrage rapide. Hohe Zinsen, gestiegene Baukosten und Materialengpässe bremsen den Neubau, sodass das Angebot nicht mit der Nachfrage Schritt hält. Investor*innen setzen weiterhin auf hohe Renditen, was die Immobilienpreise in die Höhe treibt und günstigen Wohnraum zunehmend verknappt.
Dabei nimmt auch die soziale Durchmischung in Stadtteilen weiter ab. Gentrifizierung schreitet voran, da steigende Mieten einkommensschwache Haushalte verdrängen und Menschen mit Migrationshintergrund auf dem Wohnungsmarkt oft benachteiligt werden. Auch für Kulturschaffende, die einst zur Attraktivität bestimmter Viertel beigetragen haben, wird es immer schwieriger, geeigneten und bezahlbaren Wohnraum zu finden.
Die Krise im Bausektor führt zu einem massiven Rückgang im Wohnungsbau. Gestiegene Baupreise, hohe Finanzierungskosten und Fachkräftemangel sorgen dafür, dass viele Bauprojekte verschoben oder ganz abgesagt werden. Besonders betroffen ist der soziale Wohnungsbau, der durch fehlende Anreize und hohe Kosten kaum vorankommt. Trotz einzelner kommunaler Förderprogramme bleibt die Finanzierung für viele Projekte schwierig. Ohne strukturelle Maßnahmen droht der Wohnungsmangel sich weiter zu verschärfen.
Genossenschaftliche Wohnprojekte, Projekte des Mietshäuser Syndikats und andere gemeinschaftsbasierte Wohnformen spielen in der aktuellen Krise des Wohnungsmarktes eine immer wichtigere Rolle. Diese Projekte bieten bezahlbaren Wohnraum abseits spekulativer Immobilienmärkte, indem sie Mietpreise langfristig stabil halten und dem Profitdruck entziehen. Gemeinschaftliches Bauen und Wohnen fördert soziale Netzwerke, Wohnraum als Gemeingut und ökologische Bauweisen.
Hintergründe zur Branche
In der Branche Wohnen unterscheiden wir zwischen den Teilbereichen: Wohnprojekte, nachhaltige Gewerbeimmobilien und private Baufinanzierungen. Zu Wohnprojekten gehören zum Beispiel gemeinschaftliche Wohnprojekte oder Wohnungsbaugenossenschaften. Im Bereich der privaten Baufinanzierung begleiten wir Privatpersonen, aber auch Baugruppen bei der Finanzierung des Eigenheims.
Finanzielle Branchenkennzahlen 2024
- 2024 wurden in der Branche Wohnen neue Kredite in Höhe von 332,2 Mio. Euro vergeben.
- Die Branche Wohnen macht einen Anteil von 31 % am gesamten Neukreditvolumen im Jahr 2024 aus.
In diesem Kontext setzen wir neben unserem Fokus auf bezahlbaren, gemeinschaftlichen Wohnraum einen Schwerpunkt auf ökologische Bauweisen und insbesondere den Baustoff Holz. Dazu engagieren wir uns über unsere Banktätigkeiten hinaus in der Koalition für Holzbau – einer Initiative für nachhaltiges Bauen mit Holz. Das Netzwerk aus unterschiedlichsten Akteuren - von Wissenschaft und Holzverarbeitung über Architektenverband und Projektentwicklung bis hin zur Planung und Bauherren-Beratung - bündelt seine Erfahrungen mit dem Baustoff Holz. Dabei widmet sich die Koalition vor allem der politischen Akzeptanz und den baugesetzlichen Rahmenbedingungen. Neben der Finanzierung von Immobilien in Holzbauweise möchten wir uns gemeinsam mit der Koalition auch politisch einbringen, um Holzbau salonfähig sowie bezahlbar zu machen.
Ergebnisse der Wirkungstransparenz
Mitbestimmung
Im Jahr 2024 haben wir 2.472 Wohneinheiten in Neubau und Sanierung (re-) finanziert. Diese Einheiten umfassen eine Wohnfläche von 143.150 m².
Die durchschnittliche Wohnfläche pro Einheit beträgt 57,9 m² und liegt damit deutlich unter dem deutschen Durchschnittswert von 92,2 m² [1]. Hinzu kommt, dass in den 57,9 m2 bereits Gemeinschaftsflächen einberechnet sind.
70% der 2024 (re-)finanzierten Wohnprojekte/Wohngenossenschaften haben demokratische Miet- und Verwaltungsstrukturen in ihrer Satzung oder im Nutzungs- bzw. Generalmietvertrag verankert. Im Umkehrschluss heißt das nicht, dass für die verbleibenden 30% keine Mitbestimmung möglich ist. Die Verbindlichkeit ist hier nur geringer.
Im Bereich der privaten Baufinanzierung haben wir 2024 379 Vorhaben begleitet und 77.243,4 m2 Wohnfläche finanziert. Davon werden fast drei Viertel selbst genutzt und ca. 28% vermietet. Bei dem Großteil der finanzierten Objekte (82,6%) handelt es sich um Eigentumswohnungen und Einfamilien- bzw. Reihenhäuser.
[1] Destatis
Wir wollen in unseren Wohnprojekten und Wohngenossenschaften die Mitbestimmung und Nutzungsrechte der Menschen gezielt fördern und ermöglichen.
Bezahlbarer Wohnraum
Die IST-Mieten lagen bei den 2024 (re-)finanzierten Wohnprojekten und Wohngenossenschaften zu 93,3% auf oder unter dem Marktniveau.
Transparenzhinweis: Nur für 91% der finanzierten Projekte lag zum Zeitpunkt der Auswertung ein nWert Gutachten („Nachhaltigkeits-Gutachten“) vor, im Rahmen dessen die angesetzte Miete mit dem Mietspiegel verglichen wird. Insofern beziehen sich die Aussagen auf 91% der Finanzierungen.
Die durchschnittliche Nettokaltmiete bei den 2024 finanzierten Wohneinheiten lag bei 9,29 EUR/m². Als deutschlandweiter Vergleichswert liegt aktuell nur ein Wert aus dem Jahr 2022 vor. Da die Mieten seither weiter gestiegen sind, ist ein Vergleich hier wenig sinnvoll. Gleichzeitig variieren die Werte sehr stark – je nachdem, in welchem Bundesland Miete erhoben wird, ob in der Stadt oder auf dem Land, ob für Neubau oder Bestandsgebäude. Dies spiegelt sich (siehe die folgende Grafik) auch in den starken Abweichungen der Nettokaltmieten bei den von uns finanzierten Projekten wider.
Wir machen uns stark für die weitere Schaffung von bezahlbarem Wohnraum mit entsprechender Mietsicherheit für die Bewohner*innen.
Die von uns 2024 (re-)finanzierten Wohneinheiten verteilen sich relativ ausgewogen auf Städte (55,7%) und den eher ländlich geprägten Raum (44,3%). Mit Blick auf die Verteilung nach Bundesländern wurden die meisten Wohneinheiten in Berlin (47,1%) und Nordrhein-Westfalen (39,6%) finanziert. Der Rest verteilt sich zu relativ gleichen Anteilen auf 10 weitere Bundesländer (es wurden keine Projekte in Hamburg, Bremen, Brandenburg und Rheinland-Pfalz finanziert).
Eine Frage drängt sich auf: Wenn die Mieten unserer Projekte überwiegend auf oder unter Marktniveau liegen, ist der Wohnraum dann auch bezahlbar? Die Antwort lautet: Nein, ganz sicher nicht für alle Menschen. Bei Neubauten zum Beispiel kann heutzutage selbst ein genossenschaftliches Wohnprojekt aufgrund der hohen Baukosten zumeist keine Miete unterhalb der Marktmiete anbieten.
Um dieser Herausforderung zu begegnen und insbesondere einkommensschwächeren Haushalten den Zugang zu Wohnraum zu ermöglichen, setzen jedoch 78,8% der von uns finanzierten Wohnprojekte solidarische Angebote um bzw. planen diese. Ein solidarisches Angebot kann sein, dass einzelne Parteien freiwillig mehr finanzielle Mittel einbringen, um anderen Parteien in der Gemeinschaft die Finanzierung zu ermöglichen.
Grundsätzlich zeigt unsere Erfahrung zudem, dass die Mieten in genossenschaftlichen bzw. Gemeinschaftswohnprojekten in der Regel wesentlich moderater ansteigen als der Mietspiegel.
Die Bezahlbarkeit von Wohnraum muss letztlich individuell betrachtet werden. Der Austausch darüber muss im Projekt selbst erfolgen. Kleine Wohnflächen und geförderter Wohnraum mit WBS (Wohnungsberechtigungsschein für sozialen Wohnraum) tragen in vielen Projekten dazu bei, dass Wohnen bezahlbar wird
Nachhaltiges Bauen
Seit August 2024 haben Hauseigentümer*innen, Vermieter*innen, Unternehmen und Kommunen die Möglichkeit, Förderungen für Heizungsinstallationen zu beantragen. Diese Förderpolitik soll dem Einbruch bei Wärmepumpen im ersten Halbjahr 2024 entgegenwirken. Leider ging der Absatz hier um 54% gegenüber dem Vorjahr zurück [2].
Die höheren Anschaffungskosten von Wärmepumpen im Vergleich zu konventionellen Heizsystemen können teils durch staatliche Förderungen und langfristige Einsparungen bei den Betriebskosten ausgeglichen werden. Eine umfassende Betrachtung der gesamten Lebenszykluskosten - einschließlich der Berücksichtigung von Umwelt- und Gesundheitskosten - zeigt, dass ökologisches Bauen langfristig kostengünstiger ist.
Der Anteil des Holzbaus an den genehmigten Gebäuden in Deutschland stieg erfreulicherweise im ersten Halbjahr 2024 auf 27,8 % bei Ein- und Zweifamilienhäusern, 7,5 % bei Mehrfamilienhäusern und 25,4 % bei Nichtwohnbauten. Damit zeigt sich ein kontinuierlicher Anstieg des Holzbaus in verschiedenen Baukategorien [3].
Trotz der positiven Entwicklungen wird noch zu oft aus betriebswirtschaftlichen Überlegungen heraus auf konventionelle Bauweisen gesetzt, die mit einem hohen Rohstoff- und Energieaufwand einhergehen. Erst wenn externalisierte Kosten angemessen berücksichtigt werden – was absolut sinnvoll und notwendig ist, wird ökologisches Bauen günstiger.
Bei den von uns finanzierten Projekten werden ökologische, vor allem aber auch soziale Aspekte in der Bewertung der Immobilie berücksichtigt - und zwar im Rahmen eines von uns selbst entwickelten Nachhaltigkeitsratings. Beim sogenannten nWert Gutachten wird das Ergebnis auf einer Skala von 1-100 dargestellt und in die Kategorien „grundlegend“, „solide“, „gut“, „sehr gut“ und „herausragend“ eingeteilt.
Für 91% unserer 2024 finanzierten Projekte lag zum Zeitpunkt der Auswertung ein nWert Gutachten vor. Im Durchschnitt erreichten alle Projekte ein Ergebnis von 67,2, was der Bewertung „gut“ entspricht. 43,3% der finanzierten Immobilien wurden sogar mit „sehr gut“ bewertet und 6,7% mit „herausragend“.
[2] Wärmepumpe: Bis zu 70 Prozent Zuschuss – Jetzt gibt es die Wärmepumpen-Förderung für alle - WELT
[3] Holzbau Deutschland: Mehr Holzbau im ersten Halbjahr 2024
Wir setzen auf umwelt- und klimaverträgliche Maßnahmen im Neubau, bei Sanierungen und der Nutzung von Wohnräumen.
Verteilung der Ergebnisse des nWert Gutachtens bei 2024 finanzierten Immobilien (Wohnprojekte und Gewerbeimmobilien):
Aspekte, die wir bei Wohnprojekten positiv bewerten, sind zum Beispiel:
- Maßnahmen zur Förderung des Klima- und Umweltschutzes durch nachhaltiges Bauen. Alle unsere im Jahr 2024 finanzierten Projekte setzen solche Maßnahmen um bzw. planen dies.
- Maßnahmen zur Verringerung der Flächenversiegelung. 69% der Projekte setzen sich dafür ein oder planen dies.
- Wärme ohne fossile Energieträger. In 58,5% der finanzierten Projekte (und dabei 53,5% der Wohn- und Nutzfläche) wird Wärme ohne fossile Energieträger erzeugt.
Soziale Vielfalt
Zusätzlich zu den bereits genannten 143.150 m² Wohnfläche haben wir 2024 weitere 47.614 m² Nutzfläche finanziert – somit insgesamt also 190.674 m² Wohn- und Nutzfläche.
Dabei handelt es sich bei 38,3% der Nutzfläche um finanzierte Gewerbeimmobilien, während 29.371 m² Nutzfläche (61,7%) in Kombination mit der Wohnfläche bei Wohnprojekten und -genossenschaften (re-)finanziert wurden.
Die Kombination von Wohn-, Gemeinschafts- und Nutzflächen reduziert den Gesamtflächenverbrauch und fördert eine effizientere Raumnutzung. Dies wirkt sich sowohl ökologisch als auch ökonomisch positiv aus. Zudem werden soziale Strukturen ebenso wie die lokale Wertschöpfung gestärkt: Raum entsteht für kleinere Gewerbe und Betriebe, soziale Initiativen, Kulturschaffende und gemeinschaftliche Dienstleistungen. Mit dem geschaffenen Raum entstehen lebendige und vielfältige Quartiere.
Bei 78,1% der von uns 2024 (re-)finanzierten Projekte sind Maßnahmen für demographische und soziale Vielfalt umgesetzt worden bzw. In Planung. Dabei sind diese „Maßnahmen“ meist nicht einfach einzeln dazu gestellt, sondern sie sind integraler Bestandteil des Wohnprojekt-Konzepts.
Als GLS Bank sind wir der Auffassung: In sozial und funktional gemischten Strukturen entstehen integrative Wohn- und Lebensräume, die die soziale Vielfalt in der Gesellschaft erhalten und fördern.